Vom Neckar nach Mostindien

 

Esslingen
Aus den Notizen von Willi Burgermeister habe ich die folgende Geschichte unseres Namens entnommen:

Während mehr als hundert Jahren stellte die Familie der Markward im Kirchhof zu Esslingen den Bürgermeister. Dieses Amt bildete seinerzeit ein Gegengewicht zu dem vom König eingesetzten Schultheissen. Alle Amtsinhaber trugen den Beinamen Burgermeister. In der Chronik steht, dass man sie ab dem Jahre 1334 „nennet die Burgermeister zu Esslingen auf dem Kirchhof“. Zu dieser Zeit waren die Burgermeister eine der einflussreichsten Familien in der Reichsstadt Esslingen. Ihnen wurde vom König die Hälfte des Reichzolls verpfändet, der an der Esslinger Neckarbrücke - zu jener Zeit die bedeutendste Handelsstrasse des Landes - erhoben wurde. Bis etwa 1350 hatte die Familie Burgermeister jeweils diese bedeutende Stellung inne.

Ihre zahlreichen Nachkommen und ihre Spendefreudigkeit zugunsten vieler Bettelorden und dem Spital Esslingen nötigte sie, Ende des 14. Jahrhunderts ihren Besitz Stück um Stück zu verkaufen. Die Nachkommen lösten sich mehr und mehr von ihrem Bürgerort, wanderten in andere Städte und auf das Land, um als Handwerker oder Bauern ihr Leben zu fristen. Nicht wenige traten in fremde Kriegsdienste und kämpften als Söldner, so zum Beispiel in der Lombardei.

Soweit die Notizen von Willi. Meine Recherchen im Internet haben folgendes zu Tage gebracht: Marquard Burgermeister gen. Im Kirchhof wurde um 1250 in Enzweihingen geboren. Er starb am 13. Mai 1306 in Esslingen. Möglicherweise wurde er im Kloster Sirnau begraben. Von 1291 bis 1299 war er Bürgermeister (Stadtpräsident) von Esslingen andschliessend bis 1304 Spitalpfleger. Er war mit Guta Lutram verheiratet und ihre Tochter war Engelgut Burgermeister. Sie heiratete in Deizisau Hans Remser.

In einer Randnotiz wird die Biographie von Marquard Burgermeister ergänzt: Wird am 18. März 1293 zu Speyer durch König Adolf von Nassau sowie am 21. August 1299 zu Esslingen durch König Albrecht I mit dem halben Reichszoll zu Esslingen belehnt.


Deizisau
Willi schreibt, dass Marquard und Hans Burgermeister in Deizisau die Vogtei besassen. In der Ortsgeschichte steht: Um 1500 hat das Katharinenhospital Esslingen den Besitz der Klöster übernommen, auch jenen vom Geschlecht Burgermaister. Das Spital war nun grösster Besitzer im Dorf. Damit war Deizisau der freien Reichstadt Esslingen unterworfen.

Das Stadtarchiv von Esslingen hat mir die Esslinger-Studien aus dem Jahre 1986 zugestellt. Ein Artikel lautet: "Burgermeister und Schöfferlin, Untersuchungen zur Adelsbestätigung der Brüder Paul und Johann Stephan Burgermeister aus Deizisau". Ich fasse diesen 60-seitigen Artikel zusammen.

Am 4. Juli 1704 richten die Brüder Paul und Johann Stephan Burgermeister - Letzterer ist Doktor der Rechte zu Esslingen und Tübingen - "eine allerunderthänigste Supplique" an die römische kaiserliche Majestät Kaiser Leopold. Mit dieser Bittschrift wollen die beiden Brüder erreichen, dass der durch die Unbill der Zeit abhanden gekommene Adelstitel wieder übertragen und hergestellt werde. Das heute im Österreichischen Staatsarchiv aufbewahrte Schreiben umfasst sieben eng beschriebene Seiten. Und enthält alle Daten und Argumente für die beantragte Adelsbestätigung. Sie belegen zum Beispiel, dass ihr Geschlecht seit Matthaeus Burgermeister (1440 - 1520) mehr als zwei Jahrhunderte lang in bürgerlichem Stand gelebt habe.

Der Bittschrift legen sie einen Stammbaum bei, der bis ins Jahr 1232 zurückgeht, nämlich bis zu Konrad im Kirchhof, dem Urgrossvater des im Abschnitt Esslingen erwähnten Marquard Burgermeister im Kirchhof, dem Spitalpfleger zu Esslingen. Der Stammbaum wurde wohl von einem Vorfahren der beiden Brüder namens Wolfgang Burgermeister - einziger Sohn des oben erwähnten Matthaeus - erstellt. Er hatte auch allen Grund dazu, hatte er doch 18 Kinder, 88 Enkel und 22 Urenkel.

In ihrem Antrag erwähnen die Brüder, dass Paul durch Deutschland, Frankreich, und die Schweiz und Johann Stephan durch Frankreich, Holland, England und Italien gereist sei.

Hatten die Gebrüder Burgermeister Erfolg mit ihrer Bittschrift? Und ob; sie bemühten sich nicht vergeblich. Die Antwort des Kaiser datiert vom 12. August 1704, was beweist, dass es die kaiserliche Kanzlei nicht für nötig fand, die Angaben der Brüder Burgermeister zur Geschichte ihres Geschlechts auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der kaiserliche Brief sagt, dass sie sollen "in ewiger Zeit recht gebohrene Lehens, Turniers genoss Edelleute" sein. Die Namensform "Burgermeister von Deyzisau" wird ihnen und ihren Erben verliehen.

 

Zürich
Wir können nur ahnen, woher die Burgermeister kamen, die schon 1357 im Steuerrodel der Stadt Zürich aufgeführt sind. So wohnte an der Wacht am Neumarkt im Haus 96 ein Heintz Burgermeister (er trägt die Nummer 96 im Steuerregister) während an der Wacht Linden im Haus 47 ein Knecht mit unserem Namen hauste. 1362 finden wir einen Burgermeister an der Wacht am Rennweg im Haus 73 und einen Johannes im Mannesse Haus. Im Niederdorf gab es ein Burgermeister Haus am Riet. In den Stadtbüchern von Zürich aus dem 14. und 15. Jahrhundert treffen wir noch auf einen „Wernlú, consulibus I mark“, er erscheint allerdings auf der Liste der „Strafbaren“. 1369 verschwindet der Name Burgermeister aus den Steuerbüchern.


Thurgau
Nur wenige Jahre nach der Eroberung des Kantons Thurgau durch die Zürcher (und andere) finden wir die Burgermeisters in diesem Kanton wieder. Ab Ende des 15. Jahrhunderts stossen wir auf den Namen Burgermeister in Dokumenten aus Konstanz, Märstetten, Altenklingen, Hugelshofen, Weinfelden, Lipperswilen, Egelshofen und natürlich Engwang.