Lehrer im Examen

Die Obrigkeit musste aber nicht nur in Streitfällen eingreifen. Das folgende Dokument ist wohl das amüsanteste der ganzen Sammlung. Es handelt sich um einen Brief vom 10. Dezember 1802 aus Wigoltingen an den „Bürger & Kämmerer Sulzberger, zu Handen des Erziehungsrathes des Kantons Thurgau, Frauenfeld“.

 

Bürger Präsident!,

Bürger Erziehungsräthe!


In letztverflossener Woche notifizierte mir Pfarrer u: Notar Locher zu Wigoldingen, dass die Schule zu Engwang, im Ganzen aus etwa 13 Kindern bestehend, eines neuen Lehrers bedürfe, u: dass sich der Munizipalitätsschreiber u: ehemaliger Weibel der Herrschaft Altenklingen, Joh. Heinrich Burgermeister zu Engwang freywillig zu Übernemmung dieses infrugalen Dienstes entschlossen habe. Hierauf ward die Prüfung dieses Prätendenten auf letztabgewichenen Freytag verabredet, und wie dieselbe ausgefallen, zeiget der beygelegte wahre Bericht. - Möge sein gutes Testimonium, das beste Zutrauen seiner Gemeindebürger zu ihm, und sein uneigennütziger Entschluss bey Übernahm dieser Lehrstelle, seine Bestäthigung bewirken und er alsdann auf lange Jahre mit vielem Nutzen u: Segen an der Engwanger- Jugend, unter welcher sich auch seine 3 ältesten Kinder befinden, arbeiten - dies wünscht unter Bezeugung seiner schuldigsten Hochachtung

Johann Nägeli, Pfr. u: Schulinspektor

 

Hier der Examensbericht
Bericht über das mit Johann Heinrich Burgermeister von Engwang in Gegenwart Sr. HochEhrwürden Herren Decan und Schulinspektor Nägeli von Leutmerken vorgenommene Examen.
Im Buchstabieren und Lesen des gedruckten, so wie des geschriebenen zeigte er gute Fertigkeit, auch dass er das gelesene verstehe. Im Singen ebenfalls, wo er mit der Kenntnis des Gesangs auch eine gute Stimme verbindet. Im Schön-und-Recht-Schreiben legte er auch eine Probe ab, die zur Zufriedenheit ausfiel. - Das Rechnen, worüber er auch geprüft wurde, versteht er für die Bedürfnisse seiner Schüler genug. Auch sein moralischer Charakter ist von der Art, dass er um detwillen Zutrauen verdient.

Christof Locher, Pfarrer und Notar,

Hans Conraht Burgermeister als vorgesetzter zu Engwang,

Jacob Burgermeister, jünger vorgesetzter von Engwang".


Von Vetterliwirtschaft zu sprechen wäre wohl etwas übertrieben. Übrigens: Schulmeister Heinrich Burgermeister wurde am 20. Oktober 1763 geboren und verstarb im Jahre 1827. Er ist im Stammbaum aufgeführt und viele von Euch sind seine direkten Nachfahren.