Die Herrschaft Altenklingen

Die Herrschaft Altenklingen Beim Lesen unserer Chronik stösst man auf Schritt und Tritt auf die Zollikofers, die auf Schloss Altenklingen bei Märstetten regierten. Der Zehnte musste dort abgeliefert werden und für alles und jedes musste man "aufs Schloss" um das Einverständnis der Gutsherren einzuholen. Ich war deshalb sehr erfreut, als mich der heutige "Schlossherr" Andreas Zollikofer einlud, das noch heute im Familienbesitz befindliche Schloss zu besuchen. Er nahm sich viel Zeit, mir das ganze Schloss mit seinen kostbaren Antiquitäten zu zeigen. Wir haben uns sehr gut verstanden, vom einstigen Untertanenverhältnis war nichts mehr zu spüren!

Zur Geschichte
Im Jahre 1155 bestätigte Friederich I (Barbarossa) das Bistum Konstanz und die Rechte und Besitztümer des Domkapitels. Dazu zählten Höfe und Güter von Wigoltingen und Märstetten und deren Umgebung. Die hohe Gerichtsbarkeit, das sog. Malefizgericht, übte in diesem Gebiet der Dompropst als zuständiger Grundherr aus. Die niedere Gerichtsbarkeit besassen in der Regel die Gerichtsherren und Vögte der betreffenden Herrschaft. Ein solches Gericht war in Wigoltingen und umfasste die Gebiete Wigoltingen, Wagerswil, Engwang, Egelshofen, zu den Höfen, Uetwilen, Bonau, Gerau, Dangwang, Gilhof und Grimmenhausen. Vom 11. Jahrhundert bis 1396 übten die Freiherren von Klingen, die auf ihrem Eigenbesitz Altenklingen wohnten, die niedere Gerichtsbarkeit von Märstetten und Illhart aus. Sie erhielten vom Domkapitel zudem die Gerichtsbarkeit für das Gericht von Wigoltingen. Jeder Wechsel des Gerichtsherrn war zwar reine Formsache, wurde aber in besiegelten Urkunden dokumentiert. Ein solcher Brief aus dem Jahre 1592 zum Gericht Wigoltingen beginnt wie folgt:

 

"Das Dorf, Gericht, Zwing und Pann zu Wigoldingen, zu Niederhofen, zu Engwang, zu Wagerschwielen, zum Hof, zu Gill, zu Tangwang, auch im Haslen gehört der Herrschaft Altenklingen mit sonderbaren Gerechtigkeiten zu, wie hernach weitläuffiger folgen thät, ist ein freyadeliches Lehen von dem Bistum Constantz wie dann der jüngste Lehensbrief deshalben gegeben von Wort zu Wort also lautet: ...."

 

Die Herrschaft Altenklingen blieb über Jahrhunderte erhalten. Erst im Jahre 1798, mit der Befreiung des Thurgaus, wurde auch diese Herrschaft aufgelöst. Die Besitzer von Altenklingen waren:

Die Freiherren von Klingen 11. Jhdt bis 1395
Die Freiherren von Busnang 1395-1396
Die Freiherren von Enne 1396-1419
Die Muntprat von Spiegelberg 1419-1441
Die Landenberg von Breitenlandenberg 1441-1559
Die Familie Brümsi 1559-1585
Die Familie Zollikofer 1586-1798

 

1798 befreite sich der Thurgau und war nun kein Untertanenland mehr. Die Existenz der Herrschaften hörte auf. Die meisten Gerichtsherren waren froh, in diesen stürmischen Zeiten wenigstens ihr Vermögen sicherzustellen. Der Gerichtsherrenbote begab sich am 19. März mit der Verzichtleistungsurkunde auf die Reise. Nach 18 Tagen kehrte er zurück mit einer dutzendfach gesiegelten Urkunde, die Herren verzichteten alle auf ihre Rechte im Thurgau.

So löste sich auch die Herrschaft Altenklingen auf. Die Familie Zollikofer behielt das Schlossgut im Eigenbesitz. Eine der wichtigsten Quellen für Willi Burgermeister war Herr Prof. Dr. Edzard E.A. Zollikofer, der damals noch auf Schloss Altenklingen wohnte. Noch heute ist das Schloss im Privatbesitz der Familie Zollikofer.

Ehre wem Ehre gebührt
"Ich Joh: Heinrich Burgermeister, Gerichts=Waibel der altstiftlichen(?) Herrschaft Wigoltingen urkunde hiermit offentlich, dass ich von denen Hochedelgeborenen, Hochgeachteten & Gestrengen Junkern Verwaltern und Mitältesten der hochadeligen Stiftsherrschaft Altenklingen, und in deren Namen von dem Hochedelgebohrenen, hochgeachter Junker Obervogt D.A. Zollikofer von und zu Altenklingen einen Instructions-Brief über mein gütigst...Zehendeinziehen und Forsteramt angefangen, von Wort zu Wort abzulautend."

Man kann es auch übertreiben, finde ich. Meine Töchter würden den Johann Heinrich wohl als "Schliimer" bezeichnen. Das Dokument datiert vom 20. Juli 1792.

 

 

 

 

Aktenkundiger Altenklinger Alltag

 

1486
Michael von Landenberg von Breitenlandenberg zu Altenklingen belehnt Hans Burgermeister von Märstetten (genannt Spiesslein) mit Holz und Buschwerk an der Chemenwiese und am Chemenbach am Weg zwischen Wagerswil und Märstetten zu einem rechten Erbzinslehen. Schwemmholz darf aus dem Bach gezogen, jedoch darf nicht gefischt werden
1527
Vor dem Weibel Hans Burgermeister, der im Namen des Ulrich von Landenberg in Märstetten zu Gericht sitzt, verkauft Margret Isenhart der Frau von Heinrich Schumacher von Evenhäusli (Rychlingen) ein Mannmad Wiese, am Kemnen gelegen, für 20 fl 5 ß in Konstanzer Währung. 
1530
Schlichten Gerichtsherr Ulrich von Landenberg und sein Weibel Hans Burgermeister einen Streit wegen Fallobst. Sie entscheiden, dass die Früchte dem gehören, auf dessen Boden sie liegen.
1590
Zacharias Burgermeister von Engwang, Thias Schönholzer und Klein Mayer beide von Märstetten, erklären, dass sie dem Abraham Vögeli von Engwang jährlich 4 Batzen in den Zehnten zu zahlen hätten. Die als Unterpfand dienenden Güter werden aufgeführt.
1597
Jakob Burgermeister und später seine Witwe sind Lehensleute auf dem Bauernhof Altenklingen
1613

Hans Burgermeister ist Lehensmann auf dem Bauernhof Altenklingen 

1616
Am 21. Februar konnten die Gerichtsherren Zollikofer den halben Zehnten von Christoph Kassler zum Preise von 1800 Gulden erwerben. Dazu kam allerdings als Geschenk an die Klosterfrauen eine vergoldete silberne Stinze à 25 Loth zu 16½ Batzen, entspricht 27 Gul-den und 30 Kreuzer. Schon eine Woche später konnten die Zollikofer die andere Hälfte des Engwanger-Zehnten, samt dem in Engwang liegenden Lehenshof, der Regula Vögeli für 2575 Gulden abkaufen - unter Zustimmung ihres Vormundes. Den Lehenshof in Engwang verkauften sie aber sofort an Ulrich Burgermeister für 848 Gulden. Von Ulrich übernahmen die Gerichtsherren dafür ein Haus in Märstetten an der Hub (diesem Haus sind wir schon im einem Dokument aus dem Jahre 1468 begegnet) zum Betrag von 200 Gulden.
1619
Hans Burgermeister zu Egelshofen kauft von Abraham Hermann einen Hof mit Haus, Stadel, Speicher, Torkel und Zubehör und lässt diesen von Joachim Zollikofer, Bürgermeister der Stadt St. Gallen, zu einem rechten Erblehenszins belehnen
1650

Dorfweibel Burgermeister reklamiert bei den Gerichtsherren Zollikofer, dass ihm für seine Amtshandlungen immer noch der Weibelmantel fehle

1692
Vor Hauptmann Johann Ulrich Püntener von Brandenberg, des Rats Seckelmeister von Uri sowie Landvogt im Thurgau, verkauft Jakob Burgermeister von Altenberg dem Ruprecht Zollikofer, Verwalter der Herrschaft Altenklingen, zu deren Händen seinen Lehenhof bestehend aus Haus, Garten samt Zubehör
1698
Heinrich Burgermeister nimmt ein Lehen von Konrad Germann
1699
Jakob ist Lehensmann auf dem Bauernhof Altenklingen 
1736
Leute, welche in- und ausserhalb der Herrschaft Altenklingen Schirm- und Fallhennen abzuliefern haben, werden aufgeführt
1772 Hans Heinrich wird mit dem Rittergut zu Engwang von der Herrschaft belehnt
1781
Kommt es zwischen dem Obervogt David Zollikofer und Fähnrich Johann Burgermeister aus Engwang zu einem "Uberkommniß", dass dieser ein Feld einzäunen dürfe. Dafür muss er dem Obervogt innerhalb zweier Jahre einen Kirschbaum fällen
1784
Als Weibel und Stabhalter amtet Hans Heinrich Burgermeister im Auftrage von Obervogt David Anton Zollikofer
1792
Der Wigoltinger Gerichtsweibel Johann Heinrich Burgermeister wird Zehnteneinzieher u. Holzförster im Bezirk Engwang. Seine Pflichten werden genau umschrieben. (Dokument)
1792
Johann Heinrich Burgermeister, Gerichtsweibel und Gemeindeschreiber zu Engwang, erstellt auf Ansuchen der Gemeinde eine Abschrift der zwischen dem Domprobst von Konstanz, dem Gerichtsherren von Altenklingen und der Gemeinde getroffenen Einzugsverordnung vom 11. November 1675
1799
Die Gemeinde Engwang versichert dem Verwalter Zollikofer zu Altenklingen den Zehnten im bisherigen Rahmen getreulich abliefern zu wollen. Unterzeichnet wurde das Dokument von Johann Heinrich Burgermeister, Gemeindeschreiber und Zehntenmann
1804
Eine verordnete Kommission für die inneren Angelegenheiten des Kantons Thurgau richtet einen Aufruf an die nach Altenklingen zehntenpflichtigen Engwanger-Bürger und erklärt das weitere Vorgehen, da die Schatzungen im Zusammenhang mit der Zehntenberichtigung zu niedrig ausgefallen seien